Seit einigen Wochen schon plane ich eine neue Strickjacke: Zum einen ist die Zeit für Wollpullis erst einmal abgelaufen und zweitens sind Strickjacken so vielseitig einsetzbar, dass man gar nicht genug davon haben kann. Also habe ich mir vorgenommen eine leicht abgespeckt Version einer Winter-Strickjacke umzusetzen: ein luftig leichter Sommercardigan.
Anstatt am Ende die fertige Jacke zu präsentieren, dachte ich mir ich schreibe mal die einzelnen Schritte auf und führe so eine Art Strickprotokoll. Ich schätze das noch 1-2 Beiträge folgen, bis die Jacke fertig ist.
Außerdem soll die Entstehung meiner Strickjacke als Anleitung dienen, die auf jedes andere Garn und jede Größe übertragbar ist – für Anfänger, die sich das erste mal mit Größenanpassungen und Umrechnung beschäftigen möchten. Das Modell ist zumindest sehr einfach vom Schnitt und man braucht lediglich eine Maschenprobe und die groben Maße des fertigen Modells. Ich habe bereits noch eine Sommerversion aus Baumwollgarn im Hinterstübchen!
So nun geht’s aber los mit der Entstehung und den ersten Schritten:
1. Modell und Inspiration
Wer schon ein paar Strickbeiträge von mir gelesen hat, der weiß es sicher bereits: Einer meiner größten Inspirationsquellen ist das Label Maiami. Die Designerin kreiert einfach coole Grobstrick Jacken und Pullover, an denen ich mich nicht satt sehen kann. Das folgende Modell steht sozusagen Pate für meine eigene Strickjacke.
Cardigan in beige von dem Berliner Label Maiami ❤️
Auf meinen weiteren Recherchen nach eventuell schon vorhandenen Strickanleitungen bin ich dann noch über dieses hier gestolpert: @MadebyBernadette.
Eine ebenfalls coole Geschichte über eine Frau, die für ihre Tochter einen super einfachen Cardigan gestrickt hat und daraus nun die Bernadette Cardigans geworden sind. Und – haltet die Luft an – verkauft diese für 400 Euro 😳. Bei Instagram findet ihr auch ziemlich viele Fotos zu dem #BernadetteCardigan.
Wenn ihr auf das Bild klickt, dann kommt ihr zu einem Beitrag der belgischen Elle über das Label, allerdings ist dieser nicht in deutsch verfügbar.
2. Schnittdetails und Wollverbrauch
Anders als bei den beiden gezeigten Modellen habe ich mich entschlossen, die Jacke in einem Stück zu stricken. Das heißt ab Ärmelbeginn nehme ich dann alle Maschen auf eine Nadel und stricke dann Raglanärmel. Die Beschreibung dazu folgt dann in Teil 2. Außerdem werde ich 3/4 Ärmel stricken.
Ursprünglich wollte ich die Jacke in einem Stück stricken, habe mich dann aber dagegen entschieden. Warum? Das könnt ihr in Teil 2 lesen …
Da ich mehrfach gefragt worden bin, wieviel Wolle man denn für das Modell braucht, habe ich mich hingesetzt und den Wollverbrauch anhand der bereits gestrickten Stücke geschätzt.
Das ist mein Strickstück bis zu den Armausschnitten. 36 cm lang und sagen wir mal die Hälfte dessen, was noch oben angestrickt wird. Bis dahin habe ich 31 g Piura und 53 g Cusi verbraucht. Ein Ärmel ist auch schon fertig – für diesen habe ich 9 g Piura und 14 g Cusi verbraucht.
Also brauche ich 40 g Piura und 67 g Cusi für die HÄLFTE der Jacke!
Für mein Modell habe ich in Größe S (34) also folgenden Garnverbrauch kalkuliert (diese Angabe ist ohne Gewähr!):
- Lamana Piura 80 g = 2 Knäul (à 50 g)
- Lamana Cusi 134 g = 3 Knäul (à 50 g)
Bei größeren Größen würde ich auf jeden Fall empfehlen 3 Knäul Piura und 4 Knäul Cusi zu nehmen, damit ihr auf der sicheren Seite seid!!!
Und übrigens habe ich mir ja vorgenommen auch immer ein passendes Nähprojekt zu suchen. Eine kleine Idee dazu könnt ihr vielleicht auf dem Beitragsbild erkennen. Aber mehr verrate ich noch nicht 😉 …
3. Wolle
Auf der H + H Messe in Köln (den Beitrag findet ihr hier) wollte ich mir einen Überblick über einige ausgesuchte Mohairgarne verschaffen. Das war die ideale Möglichkeit, meine Favoriten zu vergleichen und vor allem, um die Wolle anzufassen.
Meine Wolle sollte auf jeden Fall die folgenden Bedingungen erfüllen: nachhaltig, hochwertig und kuschelig.
Zur Auswahl standen
- INGENUA von katia,
- Soft Kid Mohair von ggh und
- Lamana Cusi
Die Firma Lamana hat mich in allen drei Punkten überzeugt und somit war die Entscheidung gefallen.
Da meine Strickjacke grob gestrickt und luftig leicht werden sollte, habe ich mich für zwei dünne Garne entschieden, die gemeinsam verstrickt werden: Lamana Cusi und Piura.
Auch die Farbe stand einigermaßen schnell fest, da die Jacke zeitlos und gut kombinierbar sein sollte. Seidengrau: eine Mischung aus creme, grau und natur. Eine absolut perfekte Farbe, die man wirklich zu allem tragen kann.
4. Eigene Maße und Schnitt
Ich habe mir einfach meine selbstgenähte Lieblings-Strickjacke aus meinem Kleiderschrank genommen und zunächst erst mal nur die Breite abgemessen: 56 cm pro Seite = 112 cm für Vorder- und Rückenteil.
Die Jacke ist aus einem Strickstoff nach einem Burda Schnitt entstanden. Ich habe nur die markanten Maße übernommen: Die Länge habe ich abgesteckt und abgemessen, die Schultern begradigt und die Armausschnitthöhe übernommen. Zuerst die Maße notiert und anhand dessen ein Schnittmodell mit meinen Maßen gezeichnet.
Die folgende Schnittzeichnung ist die aktualisierte Form aus Teil 2:
5. Maschenprobe
Ich habe zunächst eine Maschenprobe mit zwei unterschiedlichen Nadelstärken angefertigt und verglichen, was mir besser gefällt. Nach langem Hin und Her habe ich mich für die Nadelstärke 10 entschieden.
Auf dem Foto kann man leider kaum einen Unterschied zwischen den beiden Nadelstärken erkennen.
Meine Maschenprobe ergibt 10 Maschen auf 10 cm (oh wie praktisch, das macht die Umrechnungen natürlich leicht 😉)
Ich stricke relativ fest und muss eigentlich immer mindestens eine Nadelstärke größer nehmen als für das jeweilige Garn angegeben ist. Ihr solltet auf jeden Fall anhand eurer Maschenprobe die Nadelstärke herausfinden – wenn ihr lockerer strickt probiert mal eine 8er oder 9er.
Ich möchte nochmal ausdrücklich darauf hinweisen, daß ihr aber auch jedes andere beliebige Garn wählen könnt. Anhand der Umrechnungen in dieser Anleitung sollte dies eigentlich möglich sein. Allerdings kann ich da natürlich keine Aussagen über den Garnverbrauch machen.
6. Umrechnung
Zunächst muss erst mal der Umrechnungsfaktor für die Breite ermittelt werden. Ich möchte wissen, wieviel Maschen ich für 1 cm brauche. Dazu teile ich einfach meine Maschenanzahl der Maschenprobe durch 10.
Das heißt für mein Modell ist dies der Faktor 1 (10 Maschen : 10 cm). Ich nenne es mal Breitenfaktor.
Dann multipliziert ihr die Breite eurer Jacke mit dem Breitenfaktor. Für mein Modell entspricht das dann 112 cm * 1 Masche = 112 Maschen.
7. Bündchen und Grundmuster
Für das Bündchen nehme ich eine Nadelstärke kleiner als für das Grundmuster: also Nadelstärke 9.
Bündchen: 1 rechts, 1 links, beginnend mit 1 Masche links und endend mit 1 Masche links
Damit das Bündchen am linken und rechten Rand mit einer rechten (V) Masche beendet werden kann, muss man eine ungerade Maschenanzahl wählen (V=V=V).
Also muss ich 113 Maschen mit Nadel #9 anschlagen und dann in der 1. Reihe (=Rückreihe) mit links beginnen.
Mein Bündchen ist 4 cm hoch.
Grundmuster: glatt rechts, Hinreihen rechts, Rückreihen links
Nach dem Bündchen habe ich mit Nadel #10 weitergestrickt.
Ich habe keine besondere Randmasche gewählt, sondern einfach immer die erste zu strickende Masche ganz oben an der Nadelspitze abgestrickt und anschließend etwas „nachgezogen“. Dadurch wird sich der rechte und linke Rand der Jacke etwas einrollen, aber das ist auch so gewollt.
8. Armausschnitte
Anhand meiner Schnittzeichnung muss ich nach 32 cm mit den Armausschnitten beginnen. Inklusive Bündchen habe ich nun 36 cm.
Nun habe ich die Umrechnung für die Länge gemacht. Auch hier will ich wieder wissen, wieviel Reihen ich für 1 cm stricken muss. Also die Anzahl der Reihen der Maschenprobe durch 10 teilen:
- 14 Reihen : 10 cm entspricht einem Längenfaktor von 1,4
- Länge der Jacke bis zum Armausschnitt * Längenfaktor = Anzahl der zu strickenden Reihen
- 32 cm x 1,4 = 44,8 Reihen
Nach 46 Reihen (45 Reihen + 1 Rückreihe) habe ich das Strickstück für die Armausschnitte aufgeteilt und markiert:
Die Gesamtanzahl der Maschen durch 4 teilen (linkes Vorderteil + 2 halbe Hinterteile + rechtes Vorderteil). Da ich ja eine ungerade Maschenanzahl habe, ist das Ergebnis natürlich krumm.
Somit habe ich nun jeweils für das linke und rechte Vorderteil 28 Maschen und für das Hinterteil 57 Maschen.
Anhand von Breiten– und Längenfaktor kann ich nun mein Modellschnitt nachstricken. Im Laufe der nächsten Schritte: Ausschnittschrägen/ -höhe und Ärmel werde ich diese beiden Faktoren wieder benötigen.
Den nächsten Teil gibt es dann hoffentlich in 1 bis 2 Wochen … ach ja, und bei Auf den Nadeln im April von Maschenfein Berlin bin ich auch wieder dabei …
Liebe Grüße
Tanja
Übrigens habe ich auf ein Ravelry mein 1. Strickprojekt für den Cardigan eingerichtet. Wer mitstricken möchte, kann dort Fotos hochladen und Kommentare schreiben. So kann man sich prima austauschen. Hier der Link Ravelry/Luftig, leichte Sommer Strickjacke.
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